Die übernommene Kartei treuer Kunden ließ die Firma in nur wenigen Jahren auf 40 Mitarbeiter wachsen.
Nach seiner Rückkehr aus dem 1. Weltkrieg erwarb der Firmengründer bis 1925 zwei Grundstücke für die Produktion, unter anderem die Annaberger Straße 138, an dem das traditionsreiche Familienunternehmen noch heute seinen Sitz hat.
Wirtschaftliches Geschick und ein Großauftrag der deutschen Bosch AG steuerten das seit 1928 in Alfred Weigel KG umfirmierte Unternehmen durch die Weltwirtschaftskrise. In den 1920iger Jahren stiegen auch die Söhne des Firmengründers Kurt (als Kaufmann) und Rudolf (als Techniker) in die Firma ein.
Der wirtschaftliche Aufschwung nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, verschaffte mit seinem Wiederaufrüstungsprogramm auch den Chemnitzer Unternehmen volle Auftragsbücher – 14 Federnfabriken zählte Chemnitz im Jahr 1941. Mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges stieg der Bedarf an technischen Federn sprunghaft an. Der Betrieb wurde als kriegswichtig eingestuft und stand unter Kontrolle der NSDAP und Gestapo. Erste zum Fronteinsatz eingezogene Mitarbeiter der Firma verloren ihr Leben auf den Kriegsschauplätzen Europas.
Der zwischenzeitliche Firmeninhaber Kurt Weigel wurde mehrfach in das Gestapo-Quartier auf dem Kaßberg einbestellt, da ihn Denunzianten wegen der noch in der Firma arbeitenden Juden und seinem loyalen Verhältnis zu den Zwangsarbeitern anzeigten. Dieser Zivilcourage – die er auch seinen Nachkommen vererbt hat – war es zu verdanken, dass er nicht wenige seiner Arbeiter und Angestellten vor dem Schlimmsten bewahrte.
Kurz vor Kriegsende hatte die Alfred Weigel KG mit 500 Mitarbeitern den höchsten Personalbestand ihrer Geschichte erreicht. Noch heute existieren Aufzeichnungen über Ehrungen zu Betriebsjubiläen und Vorsorge-Fonds für die Beschäftigten.
Vom zweimaligen Wiederaufbau
Der beginnende Wiederaufbau war zugleich die Zeit der Improvisation. Die findige Weigel-Mannschaft produzierte neben Haarklemmen und Gartenharken, auch Bandstahlbügel für BH-Körbchen und Zugfedern, die umnäht als Strumpfbandersatz Verwendung fanden.
Die einzige Betriebsstilllegung der Firmengeschichte ist mit dem Datum 24.02.-08.03.1947 für den bitterkalten Winter des zweiten Nachkriegsjahres verzeichnet – es gab weder Strom, noch Heizmaterial. Bis 1959 wuchs das Unternehmen stetig. Zu diesem Zeitpunkt wurden in 8 Fertigungsbereichen, mit 200 Mitarbeitern, über 1,5 Mio. Mark Umsatz mit Präzisionsfedern erzielt.
Der folgenschwere Beschluss des DDR-Ministerrates im Jahr 1956, wonach der Staat sich ermächtigte, als Kommanditist in privatrechtliche Kommanditgesellschaften einzutreten, führte über restriktive Zwischenschritte zur Zwangsverstaatlichung im Jahr 1972.
Siegfried Weigel, der Sohn des Firmeninhabers und Enkel des Gründers, wurde als „geeignet“ befunden, den nun in VEB Feinfedern Karl-Marx-Stadt umbenannten Betrieb, als Direktor zu führen. Die Angliederung an das Kombinat Wälzlager und Normteile Karl-Marx-Stadt im Jahr 1975 bedeutete das endgültige Aus für freies unternehmerisches Handeln.
Bürokratismus und ständige Materialengpässe setzen dem Betrieb hart zu. Notwendige Investitionen wurden von der zentralen Kombinatsleitung nicht bewilligt. Am Tiefpunkt steht dem Betrieb als einziges eigenes Transportmittel nur noch ein Barkas-Lieferwagen zur Verfügung, mit einem Monatskontingent von 25 Litern Benzin…
1989 brachen nicht nur die alten Strukturen der DDR zusammen, auch Lieferanten und Kunden der Federnfabrik hörten auf zu existieren. Das große Sterben der „volkseigenen“ Betriebe setzte ein. Schon Im Frühjahr 1990 stellte der Liberaldemokrat Siegfried Weigel beim Wirtschaftsrat den Antrag zur Reprivatisierung des Unternehmens.
Wenn auch der erste Anlauf an der überhöhten Kaufpreisforderung der Treuhandanstalt scheiterte und die von der Treuhandanstalt ausgesandten „Berater“ die Zukunft des Unternehmens düster prognostizierten, ging mit Wirkung zum 1. Mai 1990 die Alfred Weigel KG Federnfabrik wieder in Familienbesitz über.
Mit Mut und Unternehmergeist startete das alte – neue Unternehmen in die soziale Marktwirtschaft. Wieder einmal haben sich unternehmerischer Mut und Treue zur Firmentradition Bahn gebrochen und eine neue Perspektive möglich gemacht. 1992 übernahm die Urenkelin des Firmengründers, Eva Donath, die Geschäfte und führt sie, gemeinsam mit ihrer Schwester Anja Fritzsche, bis heute.



